Das FAI Projekt feiert seinen 10. Geburtstag

Thomas Lange lange at informatik.uni-koeln.de
Mon Dec 21 08:22:05 CET 2009


Vor genau zehn Jahren, am 21. Dezember 1999 wurde Version 1.0 von FAI
(Fully Automatic Installation) auf der Mailingliste debian-admintool
von Thomas Lange angekündigt[1].

Das Projekt wurde Anfang 1999 ins Leben gerufen, nachdem ein Lehrstuhl
für Informatik an der Uni Köln ein kleines Beowulf Cluster gekauft
hatte, und der Autor zu faul war, die Rechner per Hand zu
installieren. Die Hardware bestand aus 16 Rechnern mit je zwei
Pentium II mit 400MHz und je 256 MB RAM[2].

Die erste offizielle Präsentation der FAI Software fand schon am
8. September 1999 auf dem 6. Linux Kongress in Augsburg statt. Dort
gab es ein Tutorium mit Vortrag und einen Praxisteil, bei dem die
Teilnehmer die Software direkt ausprobieren konnten.

Version 1.0 wurde als einfaches Tarball verteilt und nutzte Debian 2.1
(slink) und die Kernelversion 2.0.36. Gebootet wurde meist noch von
einer Floppy disk. Schon in der ersten Version war Punkt 1 der
TODO-Liste, das auch andere Linux Distributionen (RPM basierte)
unterstützt werden sollten. Zwar gab es im Januar 2000 den ersten
Versuch mit FAI4RPM[3], das einige Teile von FAI in Python
implementierte, jedoch dauerte es noch viele Jahre bis FAI endlich
ohne große Probleme RPM basierte Distributionen unterstützte.

Anfang 2000 wurde das zweite offizielle Release 1.0.1 veröffentlicht.

Am 19. April 2000 gab es das erste Posting[4] auf der neuen
Mailingliste linux-fai. Diese Liste ist das wichtigste
Kommunikationsmittel, wenn es um Diskussionen und Ankündigungen rund
um FAI geht. Zuvor war auf anderen Listen über FAI diskutiert
worden.

Das erste Debian Paket beinhaltete Version 1.1beta1 und erschien im
Juni 2000 nachdem der Autor offizieller Debian Developer (DD) geworden
war.

Eine Woche später wurde dann ein Fork von FAI angekündigt. Ein kleiner
Schock, da die zwei Studenten, die an FAI mitgearbeitet hatten, nun
ein eigenes Projekt starteten. Aber dieses Projekt war nur eines von
zigtausend kurzzeitigen Sternschnuppen auf Sourceforge und ist seit
langem verglüht.

Zur Zeit gibt es noch das Projekt lucie[5], das Teile von FAI 3.2.17
nutzt, und einige FAI Teile neu in Ruby implementiert, indem es
einfach Shell Kommandos aus einem Ruby Skript heraus aufruft.

Neben einem Vortrag auf der DebConf 1 in Bordeaux 2001, folgten viele
weitere Vorträge von Thomas Lange[6] und anderen Entwicklern[7]
und Nutzern über FAI. Außerdem war FAI auf einigen Konferenzen und
Messen mit einem Stand vertreten, auf dem die Besucher den Ablauf
einer Installation direkt beobachten und sich bei den Entwicklern über
FAI informieren konnten.

2005 startete das Wiki[8] für FAI. Es beinhaltet viele zusätzliche
Informationen von Benutzern zu FAI.

In den letzten Jahren wurde FAI immer weiter verbessert und erweitert.
Das Kommando zum Erzeugen der bootbaren FAI CD (mit nfsroot und
Paketdepot) wurde erstmals mit Version 2.7 im Jahre 2005 ausgeliefert
und kann seit 2007 auch bootbare USB Sticks erzeugen. Mit Version 3.0
wurde im September 2006 die Funktionalität hinzugefügt chroot
Umgebungen zu erzeugen. Seit 2008 nutzt das Projekt grml[9] (ein
Debian-basiertes Live-System für Systemadministratoren) diese Funktion
zum Bauen der verschiedenen CD/DVD Varianten. Somit ist es nun möglich
täglich aktuelle ISO Dateien automatisch zu erzeugen.

Seit Version 3.2 arbeitet FAI mit dem Standard Debian Kernel mit
initrd. Dies erleichtert die Anpassung an neue Hardware, da kein
speziell gebauter Kernel mehr benötigt wird.

Nachdem schon einige Jahre lang die Idee bestand das Festplatten
Partitionierungstool neu zu schreiben um Software-RAID und LVM
Unterstützung zu ermöglichen, wurde das neue Tool setup-storage[10]
endlich im Juni 2008 in FAI eingebaut. Dies ermöglicht nun auch
Festplatten mit mehr als 2 TB zu partitionieren.

In den 10 Jahren wurde FAI auf fast allen Hardwarearchitekturen
eingesetzt. Neben den weit verbreiteten Architekturen wurden auch alte
Alpha Rechner, ein Itanium Cluster, PowerPC und SPARC Rechner unter
Solaris mit FAI installiert und gewartet. Selbst Mainframes sind
mit zwei zSeries z10 Rechnern vertreten auf denen FAI ca. 260 Debian
Instanzen installiert hat.

Neben sehr unterschiedlicher Hardware wurde FAI aber auch in sehr
unterschiedlichen Projekten genutzt. Dies ist eine der Stärken
von FAI im Gegensatz zu vielen anderen Installations- und
Konfigurationstools, die meist auf ein bestimmtes Nutzungsszenario und
eine bestimmte Linux Distribution festgelegt sind. FAI hingegen
arbeitet distributionsübergreifend. Es kann Debian, Ubuntu, SuSE,
CentOS, Red Hat und Mandriva installieren und wurde auch schon
für Solaris auf SPARC genutzt.

Um detaillierte Rückmeldungen von FAI Anwendern zu erhalten, wurde der
FAI Fragebogen entworfen. Die erste Antwort im Juni 2001 berichtete
noch davon, das wegen Kinderkrankheiten kein Rechner installiert
wurde. Mittlerweile gibt es aber über 220 Antworten, in denen die
Nutzer von kleinen und großen Installationen mit bis zu 3000 Rechnern
berichten. Dies ist ein sehr guter Überblick in welchen verschiedenen
Bereichen FAI eingesetzt wird[11].

Einige Beispiele von FAI Anwendern sind: Opera Software (300 Cluster
Knoten), Stadtverwaltung München (ca. 2000 Arbeitsplätze, geplant
14.000), BUF Compagnie (ca. 1000 Arbeitsplätze, Rendering und Storage
Knoten), Albert Einstein Institut (1725 HPC Knoten), Mathworks (1000
Arbeitsplätze), Zivit (260 Rechner auf IBM zSeries Z10), Spotify
(Musik Anbieter, 450 Server für verschiedene Dienste), ein anonymes
Webportal (3000 Server), mobile.de (600 verschiedene Web-, Mail-,
Datenbank- und Anwendungsserver). Ebenso verwenden viele Universitäten
und Forschungseinrichtungen FAI zur Administration ihrer Rechner.

FAI wurde auf dem 100 Roboter Projekt Centibots eingesetzt. Viele
Dutzend Cluster für verschiedene Anwendungen wurden mit FAI
aufgesetzt. Einige dieser Cluster schafften es sogar in die Top500.org
Liste, die Liste der schnellsten Computer der Welt. Eine Firma
installierte weit in Deutschland verteilt Miniserver mit CF
Speicher. Auch einige Schulungsräume werden mit FAI verwaltet, sodass
sie vor Beginn einer Schulung automatisch neu installiert werden.
Web- und Hosting-Provider profitieren häufig von FAI, da sie eine
große Anzahl von ähnlichen Servern installieren müssen.

FAI in Zahlen:
Zur Zeit besteht FAI aus 12.000 Zeilen Code (meist Perl und Shell) und
1300 Zeilen Konfigurationsbeispielen. Die Dokumentation ist 5500
Zeilen lang. In 10 Jahren wurden mehr als 5600 Änderungen im
Sourcecode vorgenommen, das bedeutet mehr als 1.5 Commits pro Tag.
Im Bug Tracking System gab es insgesamt über 500 Fehlerberichte, die
gelöst wurden. Somit wurde ungefähr ein Fehler pro Woche behoben.
Derzeit gibt es noch über 30 nicht behobene Fehler, die meisten sind
jedoch Wünsche, neue Funktionen einzubauen.

Neben dem technischen Aspekt ist in den letzten Jahren der Austausch
der Entwickler und Nutzer immer wichtiger geworden. So gab es von 2005
bis 2008 jährlich ein FAI Entwicklertreffen, bei denen meist im
Linuxhotel[12] ein Wochenende lang mit bis zu einem Dutzend Leuten an
FAI gearbeitet wurde. Diese Treffen waren sehr produktiv, und wir
hoffen, dass auch 2010 wieder ein Treffen stattfindet. Daneben gibt es
regelmäßig Arbeitstreffen auf der DebConf (Debian Entwickler
Konferenz).

Anfang Dezember 2009 wurde dann endlich das Layout der FAI Webseiten[13]
auf ein zeitgemäßes Design umgestellt. Nun fehlt immer noch ein Logo
für das Projekt, aber das sollte in den nächsten 10 Jahren auch fertig
werden ;-)

FAI ist ein klassisches OpenSource Projekt, das davon lebt, dass die
Benutzer durch Rückmeldungen, Fehlerberichte und Patches helfen, die
Software zu verbessern.

Herzlichen Dank an alle, die mitgeholfen haben die Software FAI zu
entwickeln[14] und zu verbessern! Nur mit eurer Unterstützung ist FAI
so gut geworden.

Es gibt immer noch viele Ideen für Erweiterung und Neuerungen, und so
wird auch in den nächsten 10 Jahren genügend zu tun sein im FAI
Projekt.


Thomas Lange

 [1]: http://www.mail-archive.com/debian-admintool@lists.debian.org/msg00594.html
 [2]: Einer dieser Rechner fungiert noch heute als Fileserver.
 [3]: https://lists.uni-koeln.de/pipermail/linux-users/2000-January/005983.html
 [4]: https://lists.uni-koeln.de/pipermail/linux-fai/2000-April/000000.html
 [5]: http://lucie.is.titech.ac.jp/trac/lucie/ 
 [6]: http://www.informatik.uni-koeln.de/fai/talks/
 [7]: http://www.informatik.uni-koeln.de/fai/otherdocs/
 [8]: http://faiwiki.informatik.uni-koeln.de
 [9]: http://grml.org/grml-live/
[10]: http://www.informatik.uni-koeln.de/fai/doc/man/setup-storage.html
[11]: http://www.informatik.uni-koeln.de/fai/reports/
[12]: http://www.linuxhotel.de/
[13]: http://www.informatik.uni-koeln.de/fai/
[14]: file:///usr/share/doc/fai-client/THANKS


Dieser ausführliche Bericht über die Entwicklung der Software in den
letzten 10 Jahren ist auch auf der FAI Webseite zu finden unter
http://www.informatik.uni-koeln.de/fai/otherdocs/10jahre.html



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