[python-users] Noch ein Python-Anfänger-Buch

Sascha Atrops xin at proggen.org
Fr Mai 14 21:30:44 CEST 2010


Zitat von Michael Kesper <mkesper at fsfe.org>:

>>   Wenn ihr ein Buch über Python für Kinder schreiben wollt,  
>> schreibt ein Buch
>>   über Python und zwar ein Dünnes. Es kann Lust auf mehr machen und  
>> es sollte
>>   keine Verletzungen hervorruft, wenn man es der kleinen Schwester hinterher
>>   wirft.
>>   Außerdem... ich habe mit 9 angefangen zu programmieren. Ich habe mit 12
>>   Jahren erste Erfahrungen mit Assembler gemacht. Es gab keine  
>> Computer-Liter-
>>   atur für Kinder.
>>   Wer als Kind lernen will, braucht kein Kinderbuch.
>>   Ich hätte mich mit einem Kinderbuch ehrlich gesagt auch verar...t gefühlt.
>
> Danke für die Einwände!

  Es sind keine Einwände.
  Es sind Anregungen aus meiner Kindheit, in der ich Programmieren
  ausschließlich aus Texten gelernt habe. Ich habe mit 14 erstmals selbst-
  entwickelte Software verkauft. Das größte Lob ist die Anerkennung für das,
  was einem nicht zugetraut wird. Der Spruch in meiner Signatur zeugt davon.
  Und es sind Erfahrungen, die ich dadurch gewonnen habe, dass ich anderen,
  darunter auch Kindern, das Programmieren beigebracht habe.
  Den letzten, den ich als Kind angenommen habe, war damals in der 9. Klasse
  Realschule und lebte erst 5 Jahre in Dland. Nun studiert er Informatik an der
  Uni Bonn und offenbar auch erfolgreich.

  Morgen unterrichte ich einen Jugendlichen (Hallo Zielgruppe...), der
  Programmierung lernen will, um sich selbst zu beweisen, dass er was  
drauf hat.
  Dem werde ich doch nicht sagen, dass das etwas ist, was jedes Kind lernen
  kann. Wie könnte ich ihn mehr demotivieren?

  Auch als 12jähriger möchte ich ernst genommen werden. Das ist in der Regel
  ja gerade ein Teil der Motivation, so etwas wie Programmierung zu lernen.
  Programmieren ist eben nichts für Kinder. Und mit 12 will ich kein Kind mehr
  sein. Wer einem Kind das Gegenteil sagt, beraubt es einer Quelle der
  Selbstmotivation.

  Ich hatte bereits Bücher "for Kids" in den Fingern und wenn ich da Kinder
  gerichtete, tröstende Worte lese, wenn es nicht gleich klappt, dann möge man
  es doch einfach noch einmal versuchen, dann zeigt dieses Buch dem Kind, dass
  es "nur" ein Kind ist.
  Da sollte ein klares Selbstverständnis aus dem Text kommen, das auch dem
  kindlichen Leser zu verstehen gibt, dass er selbstverständlich ernst genommen
  wird, weil sich der Text eben nicht an ein Kind richtig, dass er selbst-
  verständlich selbst etwas leisten muss und somit auch ganz selbstverständlich
  auf sich stolz sein kann, wenn er es gepackt hat.

  Ein Buch "for Kids" sollte anschaulich ohne große Theorie sein und Beispiele
  aus dem Alltag von Kindern liefern. Variablen sind wie ein großer Schubladen-
  schrank und in jede Schublade kann man was reintun. Ein Array ist eine Kiste
  in einer Schublade, da kann man viele andere Dinge reintun.
  Ich durchsuche ein Array... das ist wie ein Reihe nebeneinanderliegender,
  umgedrehter Karten und ich suche einen Joker. Um den Joker zu finden, muss
  ich jede Karte anpacken und ansehen, denn sonst finde ich ihn  
einfach nicht...
  Ich bin auch gerne gemein und lege Fallen aus, erzeuge so Frust und erkläre
  dann, warum das nicht funktioniert. Dann kommt der Aha-Effekt, der motiviert,
  weil man etwas verstanden hat und der Fehler wird kaum mehr wiederholt.

  Aber getröstet wird keiner. Der Leser/Schüler und ich sind keine Kumpels
  und durch den Frust, dass etwas nicht auf Anhieb klappt, muss jeder durch.
  Der Schüler will was lernen und ich unterstütze ihn dabei. Mehr nicht.
  Sein Erfolg ist das Resultat seiner Arbeit, das worauf er stolz sein kann,
  das was ihn motiviert mehr zu machen. Ich bin nur stiller Begleiter,
  lenke den Weg auf die gewünschte Richtung, weise auf Probleme hin, lasse die
  Lösung erarbeiten.

  Soweit meine Anregung.

-- 
Mit freundlichen Grüßen,
   Sascha Atrops

"It's a kind of fun to do the impossible."
   (Walt Disney)





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